Concordia Sagittaria: Eine über 2000 Jahre alte Stadt
Concordia Sagittaria und Kaiser Augustus
Im Nordosten Venetiens, nur wenige Kilometer von Portogruaro entfernt, liegt Concordia Sagittaria, eine ruhige historische Kleinstadt, die man vielleicht einfach übersehen könnte. Doch unter ihrem Pflaster und zwischen den Häusern verbirgt sich ein Stück römischer Geschichte, das über 2000 Jahre alt ist. Damals hieß der Ort Iulia Concordia und wurde von Octavianus (später bekannt als Kaiser Augustus) für pensionierte römische Soldaten gegründet. Der Name „Concordia“, also „Eintracht“, sollte ein Symbol für die neue Ordnung nach den Bürgerkriegen sein.
Die Stadt entstand an der wichtigen Straße Via Annia, die große Städte wie Aquileia, Padua und Ravenna verband. Dadurch wurde Concordia zu einem wichtigen Punkt für Verkehr, Verwaltung und Kultur.

Archäologische Schicht der römischen Stadt
Im Bereich der heutigen Straße Via dei Pozzi Romani wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts drei Wohnhäuser aus der Römerzeit freigelegt. Eines davon, bekannt als domus dei Signini, entwickelte sich bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. weiter. Erhalten sind Teile der Konstruktion, Wände, Mosaiken und technische Elemente.
Besonders bemerkenswert ist das erhaltene Hypokaustum, also die römische Fußbodenheizung. Heiße Luft aus dem Ofen strömte unter dem Boden, zirkulierte zwischen Ziegelstützen und erwärmte die Räume. Dieses System war technischer Standard der höheren Schicht der römischen Gesellschaft und fand sich häufig in Villen und Bädern.
Einer der interessantesten Momente kommt beim Blick auf die originalen Mosaiken, die einst die Böden der Wohnräume bedeckten. Sie zeigen klassische Muster, von denen viele bis heute verwendet werden. Dies ist wirklich ein großartiges Beispiel für die Bedeutung des Wortes Zeitlosigkeit. In den Wohnraum von Menschen zu blicken, die hier vor fast zweitausend Jahren lebten, und dabei Elemente zu erkennen, die der Gegenwart nahe sind, schafft ein wirklich starkes Erlebnis. Es geht nicht nur um die Aufzeichnung der Geschichte, sondern auch um ihre Präsenz in den Details.
Weitere Häuser in der Gegend enthüllten Höfe mit Brunnen, Überreste von Mauern und städtische Infrastruktur, wie einen Teil der Hauptstraße cardo maximus. Der archäologische Park ermöglicht es, die Häuser in ihrem urbanistischen Kontext wahrzunehmen – als Teil einer lebendigen städtischen Struktur.
Weitere Orte der römischen Stadt
Neben den Häusern und Mosaiken finden Sie in der Gegend auch Überreste römischer Bäder (in der Straße Via delle Terme), einen Teil der Stadtmauern und zwei ursprüngliche Brunnen. Im Park Signini gibt es einen Hinweis auf den Grundriss eines römischen Theaters, und in der Nähe steht eine römische Brücke mit drei erhaltenen Bögen (Via San Pietro).
Christliche Schicht und spirituelle Bedeutung
Ab dem 4. Jahrhundert begann Concordia Sagittaria eine Rolle als spirituelles Zentrum zu spielen. Es entstand ein Bistum, eine Basilika und ein Baptisterium.
Unter der Kathedrale des hl. Stephanus (Platz Celso Costantini) ist ein frühchristlicher Komplex mit der erhaltenen Trichora, Überresten des ursprünglichen Friedhofs und dem Bodenbelag der Basilika Apostolorum Maior zugänglich. Auf der Nordseite ist zudem ein erhaltener Abschnitt der ursprünglichen Via Annia.
Das romanisch-byzantinische Baptisterium in der Nähe des Turms aus dem 11. Jahrhundert ist selten, da hier die ursprüngliche Bemalung erhalten geblieben ist – in dieser Region ist dies der einzige Fall.
Gegenwärtige Landschaft und historische Kontinuität
Heute bleiben die einzelnen Schichten der Vergangenheit in Concordia weiterhin lesbar. Das Rathaus (Palazzo Municipale) ist auf römischen Fundamenten gebaut. Über den Fluss Lemene ist ein Fragment einer römischen Steinbrücke erhalten. Im Zentrum selbst kann man die Verbindung historischer Strukturen mit dem alltäglichen Stadtleben beobachten.
In einigen Cafés oder Geschäften kann man bemerken, dass Teile der Wände oder Böden auf die historischen Schichten unter der Stadt verweisen. Es ist nicht nur Dekoration – die Stadt lebt wirklich mit diesen Spuren.
Im Erdgeschoss und im ersten Stock des Rathauses befinden sich Ausstellungsräume, in denen man kostenlos eine Ausstellung mit weiteren Funden, einschließlich einer Karte von Concordia, Sonnenuhren und Gegenständen aus Gräbern und Wohnvierteln, besichtigen kann.




Winterzeit und Atmosphäre
Die Winterzeit verleiht der Stadt eine besondere Ruhe und einen besonderen Charme. Besonders, wenn abends die Lichter am Weihnachtsbaum leuchten und auf dem Platz Weihnachtsmärkte stattfinden. Die Stadt wirkt sehr gemütlich, fast intim und magisch. Der archäologische Park und die römischen Denkmäler bleiben Teil des alltäglichen städtischen Raums und sind im Winterlicht und der weihnachtlichen Atmosphäre eines langsameren Rhythmus noch beeindruckender.
Praktische Informationen
Bedeutende Orte:
- Archäologischer Park (Via dei Pozzi Romani) – drei römische Häuser, Hypokaustum, Mosaiken, Teile römischer Straßen
- Domus dei Signini – repräsentatives römisches Haus mit Mosaikböden
- Basilika des hl. Stephanus (Basilica di Santo Stefano) und Baptisterium (Battistero)
- Scavo della Porta Urbis – freigelegte Überreste des Stadttors
- Römische Brücke über den Lemene (Ponte Romano)
- Rathaus mit Mosaik – Palazzo Municipale + Ausstellungsräume
- Überreste von Theater, Bädern und Mauern (Via delle Terme, Park Signini)
- Erhaltene Via Annia (bei der Kathedrale)



Erreichbarkeit:
- 2 km von Portogruaro (zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto)
- 25 Minuten mit dem Auto von Caorle
- 45 Minuten mit dem Auto von Venedig (Mestre)
- Mit dem Zug bis zur Station Portogruaro-Caorle, von dort mit dem örtlichen Bus oder zu Fuß
- Fuß- und Radweg entlang des Flusses Lemene verbindet Concordia direkt mit Portogruaro
- Parken ist einfach, meist kostenlos
Parken in der Stadt ist unproblematisch, meist kostenlos. Die Gegend ist auch über Radwege entlang des Flusses Lemene erreichbar.
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung:
- Portogruaro – venezianische Architektur, Museen, historisches Zentrum.
- Aquileia – römische Ruinen, Basilika, Museum (45 Min. mit dem Auto).
- Caorle – Küstenstadt mit historischem Kern.
- Bibione, Lignano – Erholungsgebiete am Meer.
- Vallevecchia – natürliche Lagune, geeignet für Wander- und Radtouren.